Narzissmus gibt es nicht nur in der Liebe oder in der Familie, Narzissmus gibt es auch im Berufsleben. Besonders häufig ist der Chef narzisstisch veranlagt, auch wenn ihm sein toxisches Verhalten selbst nicht auffällt oder ihn zumindest nicht stört. Doch du als Mitarbeiter, Kollege oder Geschäftspartner leidest darunter.
Was du tun kannst, um dich zu schützen und wie du am besten mit dem narzisstischen Chef umgehst, davon handelt mein heutiger Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
1. Mach dir klar, was hier passiert
Ein Narzisst kompensiert durch sein übertrieben selbstbewusstes Auftreten sowie durch all sein Macht- und Erfolgsstreben, dass er tief im Innern total unsicher ist und sich selbst für klein, dumm und wertlos hält. Seine Masche ist, den Spieß umzudrehen und allen anderen klar zu machen, dass sie klein, dumm und wertlos sind.
Denn die beste Methode, sich selbst groß und stark zu fühlen, ist, alle anderen runterzudrücken. In einer Führungsposition hat er dazu auch meist alle Mittel, die er braucht. Doch wenn du nur lang genug mit dem narzisstisch gekränkten Vorgesetzten zu tun hattest und dein Job für dich mehr ist als „Dienst nach Vorschrift“, dann glaubst du das irgendwann auch.
Über Monate und Jahre erlebst du, wie dein eigenes Selbstwertgefühl immer weniger wird. Wenn dir nicht bewusst ist, was hier gespielt wird, steuerst du gegen, indem du dich immer mehr abrackerst, um den Chef und auch dich selbst von deinem Können und deinem Wert zu überzeugen. Dieser Weg führt dich in eine Abwärtsspirale, die häufig in einer Erschöpfungsdepression – besser als Burnout bekannt – endet.
Deshalb gilt: Gefahr erkannt, Gefahr zumindest weitestgehend gebannt! Es gibt andere Dinge, die du tun kannst, als selbst immer schneller im Hamsterrad zu rennen …
2. Übernimm Verantwortung für deine Bedürfnisse und finde andere Lösungen
Was du mit deinem narzisstischen Chef erlebst, löst in dir vermutlich Stress und andere ungute Gefühle aus. In dem Moment, in dem du deinen „A…loch-Chef“ dafür verantwortlich machst, schlägst du hinter dir selbst die Gefängnistür zu! Ja, das Verhalten deines Chefs ist ein Auslöser, jedoch keine Ursache. Diese liegt in deinen nicht erfüllten Bedürfnissen.
Wenn du zum Beispiel frustriert bist, weil dir Wertschätzung fehlt und du erwartest und verlangst, dass dein Chef sie dir gefälligst zu geben hat, da wirst du bei einer narzisstisch gestörten Persönlichkeit bis zum jüngsten Tag warten. Deshalb: Übernimm die Verantwortung für das, was dir fehlt, und suche aktiv nach anderen Wegen, wie, wo und von wem du Wertschätzung erhalten und erfahren kannst.
Du würdest ja auch nicht, wenn du Hunger hast und Nahrung brauchst, aber im Restaurant das Schnitzel aus ist, sitzenbleiben, fluchen und auf die neue Lieferung warten. Du würdest etwas anderes bestellen, den Laden wechseln oder dir daheim etwas kochen. Und das kannst du auf so ziemlich alle Bedürfnisse deines Lebens übertragen: Verabschiede dich von deiner Lieblings-Bedürfniserfüllungsstrategie – wenn Wertschätzung beim Chef nicht zu bekommen ist, dann gibt es sie garantiert bei einem anderen Menschen oder – am allerbesten, weil es dich unabhängiger macht! – bei dir selbst!
3. Stärke dein eigenes Selbstwertgefühl
Du bist völlig ok so, wie du bist! Du kannst die klügste, schnellste und kompetenteste Fachkraft des ganzen Unternehmens sein – dein Chef wird das nicht sehen, wenn er es nicht sehen will. Persönliche Wertschätzung hast du nicht zu erwarten – du bist in den Augen des Narzissten eine Humanressource, die es auszubeuten gilt. Doch du kannst dir dein gutes Selbstwertgefühl bewahren, zum Beispiel durch das Feedback von Kollegen, Freunden und Familie oder durch das Führen eines Arbeits- und Erfolgstagebuchs. Weitere Tipps für ein stabiles Selbstbewusstsein:
- Stoppe negative Gedanken, sobald du sie bemerkst, indem du dich auf etwas anderes, Positives, fokussierst
- Mach dir klar, dass das, was du gerade erlebst, dich jeden Tag stärker und weiser macht. Dein Chef hingegen bleibt auf seinem Level stehen und wird sich niemals weiterentwickeln!
- Probiere Meditation und Körperübungen aus: die richtige Atmung und eine aufrechte Körperhaltung können richtig viel bewirken!
- Führe eine Liste mit Dingen, die du gut kannst, worauf du stolz bist oder was ganz besonders an dir ist: Schreibe einen neuen Punkt auf die Liste oder lies dir die bereits vorhandenen durch
4. Wissen ist Macht
Ein Narzisst möchte grundsätzlich nicht darüber nachdenken, was in seinem Leben schiefläuft, ob er einen Anteil daran hat oder was seine Art und Weise mit anderen Menschen macht. Das ist Teil des Krankheitsbildes bzw. der gestörten Persönlichkeit. Wenn du dich einliest und zum Narzissmusversteher wirst, kannst du Abstand gewinnen, ruhiger werden und dir mehr und mehr bewusst machen, dass das alles nichts mit dir persönlich zu tun hat!
Was nicht heißt, dass du das Verhalten deines Chefs entschuldigen sollst – es geht hier um Abgrenzung, indem du deinen Wissensstand auf ein höheres Level bringst und dir ein dickeres Fell zulegst, wenn er zum Beispiel mal wieder deine Idee als seine ausgibt.
5. Spare Energie
Narzissten sind Energievampire, die deine Kraft aussaugen. Wenn du Energie sparen willst, dann gib deinem Chef einfach Recht, denn mit einem Narzissten zu diskutieren ist vergeudete Zeit. Kritisiere ihn nicht – es wird nichts bringen und alles nur noch schlimmer machen. Auch ein Narzisst hat ein paar gute Seiten – suche nach etwas, das dir an deinem Chef gefällt oder dass er gut kann, und zeige ihm ehrliche Anerkennung, denn die braucht er ganz dringend. Es kann dir dann passieren, dass der narzisstische Chef dich über den grünen Klee lobt, dich bevorzugt und dich auf einen Sockel hebt. Mach dir bitte klar, dass das vermeintliche Glück meist nur von kurzer Dauer ist: Sobald ihm irgendwas an dir nicht passt, du ihn nicht ausreichend bewunderst oder es ihm strategisch besser in die Karrierekarten spielt, wird er dich vom Podest stoßen und durch einen anderen Kollegen ersetzen, denn ihr seid nur austauschbare Steine in seinem Machtspiel.
6. Such dir Verbündete
Vermutlich bist du nicht die einzige Person, die unter dem narzisstischen Teamleiter oder Vorgesetzten leidet. Haltet zusammen, beleuchtet gemeinsam, was ihr auf der Arbeit erlebt und besprecht euch, wie ihr mit seinem Verhalten umgehen wollt (z.B. alle zusammen zum Chef-Chef oder zum Betriebsrat zu gehen).
Der Zusammenhalt unter den psychisch Gesunden ist deshalb so wichtig, weil Narzissten versuchen, durch Lügen Zwietracht zu säen, Kollegen gegeneinander aufzuhetzen oder auszuspielen und auf jede erdenkliche Art zu manipulieren. Beispielsweise wirst du vom Chef beiseite genommen oder sogar zum Abendessen eingeladen. Dort bekommst du dann zu hören, welch hervorragende Karrieremöglichkeit er für dich sieht und wie besonders du bist – dass der Teamkollege allerdings auch scharf auf die neue Projektleitung ist. Nein, das ist nicht die lang ersehnte aufrichtige Wertschätzung, das ist reines Kalkül!
Denn solche und ähnliche Versuche, das Team zu spalten, verleihen dem narzisstischen Chef einerseits das so dringend benötigte Gefühl von Macht, andererseits lenkt er mit Konkurrenzdruck im Team davon ab, dass er selbst gar nicht so großartig ist, wie er immer tut. Denn Narzissten haben ihre Positionen oft nicht durch Können erworben, sondern durch große Klappe, Ellenbogenmentalität und Hochstapelei.
7. Zieh Grenzen – oder die Reißleine
Mach dir klar, wo deine Grenzen sind und kommuniziere sie auch. Wenn alles nichts nützt und die Minuspunkte in deinem Job dauerhaft überwiegen: Andere Chefs haben auch spannende Arbeitsmöglichkeiten. Deine seelische und ggf. auch körperliche Gesundheit ist durch kein Gehalt der Welt aufzuwiegen!
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Coverfoto zu Illustrationszwecken von Silentpilot auf Pixabay
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