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Es gibt so viele spannende Konzepte da draußen. Die auch regelmäßig falsch verstanden und schlecht umgesetzt werden: Agile Führung, New Work, Selbstorganisation, Holacracy und vieles mehr. Ich habe im vergangenen Jahr die Future-Leadership-Ausbildung bei Marc Poppenborg und Lars Vollmer (und vielen anderen tollen Trainern) gemacht, weil ich wissen wollte: Wie funktioniert Führung wirklich, wenn man Organisationen nicht nur in der Marketingabteilung auf Hochglanz poliert und der Illusion erliegt, man könne sie von oben herab steuern, sondern wenn man sie von innen heraus verändert? Und jetzt? Jetzt sitze ich hier, denke zurück und frage mich: Was nehme ich wirklich daraus mit?

1. Führung ist kein Jobtitel, sondern ein Effekt

Klingt erstmal nach einer LinkedIn-Floskel, oder? Ist es aber nicht. Denn in den meisten Unternehmen wird Führung mit Hierarchie verwechselt. Dabei hat ein Abteilungsleiter nicht automatisch mehr Einfluss als die Teamassistentin, die seit Jahren alles zusammenhält. Geführt wird immer dann, wenn jemand einen Unterschied macht.

Das hat mich in meiner Arbeit als Mediatorin und Organisationsberaterin noch mal wachgerüttelt. Ich habe gelernt, genauer hinzusehen: Wer bewegt hier wirklich etwas? Und vor allem: Wer blockiert?

Aus meiner Praxis: In einem meiner Beratungsprojekte arbeitete ich mit einem Team, das formal von einem Abteilungsleiter geführt wurde. Doch die eigentliche Dynamik entstand durch eine langjährige Teamassistentin, die nicht nur den Überblick über alle Prozesse hatte, sondern auch das Vertrauen des gesamten Teams genoss. Sie war es, die Konflikte löste, Prioritäten setzte und dafür sorgte, dass die Arbeit trotz enger Deadlines erledigt wurde. Der Abteilungsleiter hingegen war oft in Meetings gebunden und hatte wenig Einblick in den operativen Alltag. Hier wurde deutlich: Führung entsteht nicht durch Titel, sondern durch Einfluss und Vertrauen.

Das KI-generierte Hintergrundbild ist so schlecht, dass es schon wieder lustig ist. Ich habe die Ausbildung beschrieben und KI gefragt, welches Bild dazu passen könnte? Weiß ja nicht, was die Leute von intrinsify.me dazu sagen … Machen wir doch einen Wettbewerb draus? Wer das beste Bild / die beste Illustration zu Future Leadership mit KI generiert, gewinnt eine Stunde Coaching bei mir! :-D

2. Kein Unternehmen braucht eine Feelgood-Kultur – es braucht Klarheit

Als Fan eines selbstwirksamen Lebens im Erwachsenen-Ich war mir schon vorher klar: Menschen wollen nicht umsorgt, für dumm verkauft, wie kleine Kinder behandelt werden. Sie wollen wissen, woran sie sind. Future Leadership unterstreicht das. Mitarbeiter brauchen Klarheit:

  • Was wird hier von mir erwartet?
  • Wer entscheidet was – und warum?
  • Wo kann ich selbst Verantwortung übernehmen, ohne in einer Bürokratiehölle zu landen?

Die meisten Unternehmen ersticken an Regeln, die sich irgendwann „irgendwie bewährt haben“. Doch wenn keiner mehr weiß, warum es eine Regel gibt, dann ist sie überflüssig. Future Leadership bedeutet für mich deshalb auch: Mutig genug sein, Dinge wegzulassen. Und ich gebe zu: Die monatlich angebotene Thai-Massage, die mich bei meinem früheren Arbeitgeber von meinen Rückenschmerzen befreite, vermisse ich in der aktuellen Firma trotzdem sehr … :-)

Aus meiner Praxis: In einem mittelständischen Unternehmen gab es eine Regel, dass jede Entscheidung über 500 Euro von der Geschäftsführung abgesegnet werden musste. Diese Regel war vor Jahren eingeführt worden, um Kosten zu kontrollieren, aber niemand wusste mehr, warum sie existierte. Das Ergebnis: Projekte verzögerten sich, und die Mitarbeiter fühlten sich entmündigt. In einem Workshop haben wir diese Regel gemeinsam hinterfragt und schließlich abgeschafft. Stattdessen haben wir klare Budgetverantwortlichkeiten definiert. Das Ergebnis war nicht nur mehr Effizienz, sondern auch eine spürbare Entlastung der Geschäftsführung.

3. Die Angst vor dem Kontrollverlust ist größer als das Problem selbst

Das war spannend zu beobachten: Führungskräfte haben oft keine Angst davor, Verantwortung abzugeben – sie haben Angst davor, nicht mehr zu wissen, was passiert. Und genau da beginnt echte Veränderung.

In meiner Arbeit als Coach sehe ich das immer wieder: Teams, die sich mehr Freiraum wünschen, und Chefs, die eigentlich loslassen wollen – aber dann doch noch eine „letzte Kontrolle“ einbauen. Vertrauen ist nicht die Voraussetzung für Führung, sondern das Ergebnis guter Führung.

Hier kommt Niklas Luhmann ins Spiel: Seine Systemtheorie zeigt, dass Organisationen keine Maschinen sind, sondern autopoietische Systeme, die sich selbst organisieren. Führung kann nicht „von oben“ gesteuert werden, sondern muss sich im System selbst entwickeln – durch Kommunikation, durch Erwartungen, durch das Zusammenspiel von Entscheidungen.

Das bedeutet: Wer Führung wirklich versteht, mischt sich nicht überall ein, sondern sorgt für klare Spielregeln, damit sich die Organisation selbst steuern kann.

Aus meiner Praxis: In einem agilen Transformationsprojekt wollte eine Führungskraft ihrem Team mehr Verantwortung übertragen. Doch immer wieder griff sie ein, um „sicherzustellen, dass alles richtig läuft“. In einem Coaching-Gespräch stellte sich heraus, dass ihre Angst vor Kontrollverlust größer war als das tatsächliche Risiko. Gemeinsam haben wir eine schrittweise Übergabe von Verantwortung geplant – mit klaren Checkpoints und Feedbackschleifen. Nach einigen Wochen merkte sie, dass das Team nicht nur eigenständiger arbeitete, sondern auch bessere Ergebnisse lieferte. Die Kontrolle, die sie ursprünglich behalten wollte, war gar nicht nötig.

4. Führung hat nichts mit Nettsein zu tun

Ich bin mit dem Gefühl in die Ausbildung gegangen, dass Future Leadership vor allem eins bedeutet: Menschen wertschätzend auf Augenhöhe zu begegnen, sie zu beteiligen und in Entscheidungsprozesse einzubinden.

Ja, das gehört dazu. Doch Führung kann nicht immer „nett“ sein. Klare Ansagen, unbequeme Entscheidungen und das Vermeiden von Kuschel-Runden sind mindestens genauso wichtig.

Denn wenn jeder alles mitentscheiden darf, entscheidet am Ende keiner mehr. Und Gleichwürdigkeit ist dabei ein viel schöneres Wort als Augenhöhe.

Aus meiner Praxis: In einem Teamworkshop wurde deutlich, dass eine Führungskraft Konflikte vermied, um gemocht zu werden. Das Ergebnis: Unklare Prioritäten, frustrierte Mitarbeiter, keine Konfliktfähigkeit und eine schleppende Projektumsetzung. In einem Coaching haben wir daran gearbeitet, wie die Führungskraft klare Ansagen geben kann, ohne dabei respektlos zu wirken. Ein Beispiel war die Entscheidung, ein langjähriges Projekt zu stoppen, das nicht rentabel war und nicht mehr zur neuen Geschäftsstrategie passte. Die Entscheidung war unbequem, aber sie schuf Klarheit und ermöglichte es dem Team, sich auf sinnvollere Aufgaben zu konzentrieren.

5. Unternehmen sind keine Familien – und das ist gut so

Ich höre das oft in Firmen: „Wir sind hier wie eine Familie.“ Großer Denkfehler! Unternehmen sind keine Familien. Sie sind Zweckgemeinschaften, in denen jeder ein klares Ziel verfolgt. Future Leadership bedeutet nicht, dass sich alle lieben, sondern dass alle ihren Job machen können, ohne durch sinnlose Strukturen ausgebremst zu werden.

Und genau hier schließt sich der Kreis zur Systemtheorie: Luhmann beschreibt Organisationen als soziale Systeme, die sich über Kommunikation steuern. Das heißt: Es geht nicht um Harmonie, sondern um Anschlussfähigkeit. Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie nicht versuchen, eine „Wohlfühloase“ zu sein, sondern wenn sie Klarheit schaffen: Wer kommuniziert mit wem? Welche Erwartungen sind realistisch? Wo braucht es Entscheidungsmechanismen?

Aus meiner Praxis: In einem Start-up, das sich selbst als „Familie“ bezeichnete, gab es immer wieder Konflikte, weil persönliche Beziehungen und professionelle Erwartungen vermischt wurden. Ein Mitarbeiter fühlte sich beispielsweise verpflichtet, dauernd massiv Überstunden zu machen, weil er „die Familie nicht im Stich lassen wollte“. In einem Workshop haben wir klare Rollen und Verantwortlichkeiten definiert und betont, dass es okay ist, „Nein“ zu sagen. Das Ergebnis war ein gesünderes Arbeitsklima, in dem jeder wusste, woran er war – ohne Schuldgefühle, unrealistische Erwartungen oder Arbeiten bis in die Nacht hinein.

Mein Fazit

Was ich aus der Ausbildung mitnehme? Future Leadership ist nicht die Zukunft – es ist der gesunde Menschenverstand, den viele Unternehmen längst verloren haben. Und den wiederzufinden, ist nicht immer bequem. Aber es lohnt sich.

In meiner Arbeit als Beraterin, Mediatorin und Coach sehe ich immer wieder, wie kleine, aber mutige Schritte große Veränderungen bewirken können: ob es darum geht, Regeln zu hinterfragen, Verantwortung zu übertragen oder einfach klarer zu kommunizieren. Und genau darum geht es: Führung, die nicht nur auf dem Papier oder in Form eines Organigramms existiert, sondern die im Alltag wirkt.

Und jetzt bin ich neugierig: Welche Führungserfahrungen hast du gemacht – und was davon hat wirklich funktioniert? Schreib es in die Kommentare oder lass uns sprechen.

Und jetzt?

Du interessierst dich, Future-Leadership-Prinzipien auch in deinem Unternehmen einzuführen?
Du denkst über ein Training oder ein Coaching für deine Führungskräfte nach?
Du suchst nach professioneller Mediation in einem Teamkonflikt?

Buch dir gerne ein ausführliches, kostenloses und unverbindliches Erstgespräch mit mir: zum Terminkalender (Sondierungsgespräch Business-Kunden auswählen)

 

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