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Schon ohne an einen extremen Narzissten zu geraten, ist People Pleasing nicht dauerhaft schön und gut für dich. Die gute Nachricht ist: Höchstwahrscheinlich bist das nicht du selbst, auch wenn du das vielleicht glaubst. Sondern nur dein unbewusstes Verhaltensmuster, das einen ehrenvollen Zweck erfüllen möchte – dich zu beschützen! Doch wenn es „nur“ ein Muster ist, dann kannst du es auch verändern. Dein Gehirn ist schließlich lebenslang formbar. Aber fangen wir doch von vorne an …

Was sind People Pleaser?

„People Pleaser“ ist eine populärwissenschaftliche Beschreibung für Menschen, die zwanghaft anderen Leuten gefallen und es ihnen Recht machen wollen. Sie halten sich selbst nicht für besonders wichtig – außer vielleicht, um Support zu geben. Sie sind still, zurückhaltend, ausgesprochen freundlich und übertrieben angepasst. Ihre eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Träume stellen sie konsequent hinten an. Bloß keine eigenen Ansprüche stellen und am Ende unbequem sein! People Pleaser machen sich sehr viel Gedanken darüber, wie sie auf andere Menschen wirken – das haben sie mit extremen Narzissten gemein. Nur würde der People Pleaser die Schuld bei sich suchen, sollte er in einem großen Ausnahmefall als unangenehm wahrgenommen werden. Beim Narzissten ist diese Ausnahme eher die Regel, doch er sucht die Schuld dafür ausschließlich bei den anderen.

Was ist problematisch an People Pleasing?

People Pleaser wollen nicht stören, nicht auffallen, sie nehmen sich ständig selbst zurück. Sie leiden am „Selbstverleugnungs-Mindfuck“ (Buchtipp hinter dem Link) und häufig leiden sie tatsächlich darunter. Denn sie gelten als Ja-Sager, auch wenn sie tief im Innern „Nein“ meinen. So kommt es, dass sie sich selbst nicht ernst nehmen können. Die Zugeständnisse, die sie dann machen, schaden ihnen häufig. Beispielsweise bekommen sie regelmäßig die Arbeit der ‚armen überforderten‘ Kollegin noch auf den Schreibtisch und schieben Überstunden. Um bloß in keinen Konflikt mit ihrem Umfeld zu geraten, opfern sich People Pleaser auf. Möglicherweise gefallen sie sich sogar in der Opferrolle. Sagen People Pleaser doch mal „Nein“, werden sie prompt von ihrem Emotionszentrum bestraft: Das fiese Gefühl eines schlechten Gewissens drängt sie bei nächster Gelegenheit zurück ins alte Verhaltensmuster, gefallen und nett sein zu wollen.

Oft hegen People Pleaser die unbewusste Erwartung, dass die Welt fair sei und dass Geben natürlicherweise zum Nehmen führt. Hier greift das Phänomen der Projektion: Unbewusste innere Anteile, die ich logischerweise nicht selbst bearbeiten kann, projiziere ich auf jemand anderen. Beispielsweise kann sich ein People Pleaser innerlich nichts sehnlicher wünschen, als in einer Liebesbeziehung Wertschätzung in Form von Geschenken zu erhalten. Deshalb überschüttet er oder sie den Partner mit Geschenken. Um auch nur ein einziges Mal eine Kleinigkeit zurückzubekommen und sich geliebt zu fühlen. Was natürlich nicht passiert. Der People Pleaser verausgabt sich dabei oft völlig – in Sachen Zeitmanagement, Finanzen, Kraft, Verlust von Fokus auf das eigentlich Wesentliche und mehr – und fühlt sich immer erschöpfter.

Andere Leute mögen People Pleaser. Der Wunsch, anderen Leuten eine Freude zu sein statt eines Ärgernisses, sich nicht zu streiten, sich empathisch einzufühlen, hilfsbereit zu sein etc. ist ja auch ne super Sache und sehr wichtig für unsere Gesellschaft.

Wichtig: Nicht jeder, der höflich, ruhig, gerne gebend und deeskalierend ist, ist ein People Pleaser! Die meisten Menschen verhalten sich beispielsweise einer guten Freundin gegenüber anders als bei einem völlig Fremden. Wir haben normalerweise die Wahl, ob wir nett sind und in welchem Grad. Menschen mit einem stark ausgeprägten People-Pleasing-Anteil haben diese Wahl nicht. Sie befinden sich neuronal gesprochen mit 210 km/h auf einer Autobahn, die sie immer ans gleiche Ziel bringt und auf der sie weder bremsen können noch eine Ausfahrt finden. Sie können (erstmal) nicht anders. Solltest du dich in meinem Text wiedererkennen: Nimm das bitte nicht als Ausrede, keine Verantwortung für dich, die Heilung deiner Verletzungen und dein Verhalten zu übernehmen!

Und wie bei so vielen Stärken gilt auch hier: Wird die Stärke zu stark, kippt sie ins Negative. Übertriebene Hilfsbereitschaft kann nerven oder übergriffig sein, übertriebene Freundlichkeit als ekliger Anbiederungsversuch wahrgenommen werden. Übertriebene Empathie kann aufdringlich und künstlich wirken.

Allein mit sich selbst leiden People Pleaser unter

  • inneren Konflikten: Das eigene Innenleben wird ignoriert, Gefühle dürfen nicht gespürt werden oder werden weggedrückt, eigene Bedürfnisse bleiben unbewusst oder werden verleugnet – bleiben unerfüllt.
  • psychosomatischen Beschwerden: Der ungesunde Dauerstress durch die Rolle des People Pleasers kann zu Schlafstörungen, Burnout, Depressionen oder körperlichen Erkrankungen führen.

Ihre Anpassungs- und Hilfsbereitschaft zieht oft Menschen an, die diese Eigenschaften ausnutzen und sie nach Strich und Faden manipulieren – beispielsweise extreme Narzissten.

Narzissten und People Pleaser: Gegensätze ziehen sich an

Narzissten sind darauf ausgerichtet, Aufmerksamkeit zu erlangen und ihre Kontrolle zu sichern. Für sie stehen ihre eigenen Anliegen im Vordergrund, und sie nutzen Menschen oft aus, um ihre Ziele zu erreichen.

People Pleaser finden sich auf der Malkin’schen Narzissmus-Skala eher im Bereich des Echoismus wieder. Also am entgegengesetzten Ende des extremen Narzissmus.

Narzissmus als Skala

Nach dem Psychiater Craig Malkin ist Narzissmus eine Skala, auf der alle Menschen drauf sind. Sektor A markiert das Echoismus genannte Defizit, Sektor B den gesunden und Sektor C den extremen Narzissmus. Wo du selbst auf der Skala stehst, kannst du testen lassen, wenn du auf die Grafik klickst.

 

In einer wie auch immer gearteten Beziehung zwischen einem extremen Narzissten und einem People Pleaser (stets geschlechtsunabhängig gemeint!) sieht das dann so aus:

  • Der Narzisst sucht Bestätigung und Bewunderung, der People Pleaser gibt sie bereitwillig. Er sieht sich sogar explizit in der Rolle, dafür zu sorgen, dass es dem anderen gut geht.
  • People Pleaser haben Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen. Narzissten finden das ganz wunderbar, denn ihre energetische Versorgung ist gesichert und sie können sich in ihrem eigenen bevorzugten anspruchsvollen Verhalten ungeniert austoben, um ihre Ziele zu erreichen!
  • Beide Verhaltensweisen können auf einer tiefen Angst vor Kontrollverlust basieren – allerdings auf gegensätzliche Weise.
  • Narzissten steuern abhängige Menschen wie People Pleaser über Drohungen und Schuldgefühle.
  • Eine Beziehung auf Augenhöhe ist nicht möglich. Der People Pleaser wird immer verlieren, draufzahlen, und irgendwann daran zerbrechen. Manchmal auch erst nach 30 Jahren Ehe.

Wie entsteht People Pleasing?

Was People Pleaser antreibt, ist häufig die Angst vor Ablehnung, Ausgrenzung oder Konflikten. Ausschluss aus der Gruppe ist bekanntlich das Todesurteil für unser Höhlenmenschgehirn. Und so sind sie motiviert von Vermeidungszielen (z.B. keinen Ärger zu machen) statt von Erreichungszielen (z.B. sich einen Wunsch zu erfüllen). Wir sind und bleiben Herdentiere und brauchen alle das Gefühl und Erleben von sozialer Zugehörigkeit. Der extreme Narzisst spielt sich dafür auf. Der People Pleaser tut das Gegenteil. Der gesunde Narzisst in der Mitte der Malkin-Skala findet einen für sich gesunden und für sein Umfeld sozialverträglichen Weg.

Wo Angst herrscht, fehlt Sicherheit. Ohne eine sichere Bindung, gehe ich als Kind nicht mutig in die Welt hinaus und sage, was ich vom Leben haben will. Immer angenehm zu sein für andere erscheint als sicherer Weg, als gute Strategie. Und genau das ist es: Eine Überlebensstrategie, die sich in deiner Kindheit ausgebildet hat und die du mit ins Erwachsenenleben genommen hast. Du bist vielleicht Kind eines narzisstischen Elternteils und entsprechend konditioniert worden, eine Quelle zu sein und dich selbst zurückzunehmen. Oder du kommst aus einem Haushalt, in dem sucht- oder anderweitig kranke Menschen lebten, auf die du Rücksicht zu nehmen hattest und zu denen du nett sein musstest. Speziell, weil du von ihnen abhängig warst, was wir als Kinder ja immer sind. Auch Männer waren mal Kinder und sind deshalb nicht davor gefeit, zu viel zu geben, unterwürfiges Verhalten zu zeigen und People-Pleaser-Anteile auszubilden. Viele Leser kennen vielleicht noch den alten Spruch aus der Kindererziehung: „Kinder darf man sehen, aber nicht hören.“

Was in einem solchen Setting Sicherheit gibt, ist die Anpassungsleistung „People Pleaser“ als eine Form von Kontrolle. Wenn du schon sonst nichts kontrollieren kannst, dann wenigstens dies: dass Menschen dich mögen und dir nichts tun! Angst und Unsicherheit machen uns Stress, und darauf reagiert unser Nervensystem mit den berühmten drei F – den Stressreaktionen Fight, Flight, Freeze. Es gibt allerdings noch ein viertes F, das es bislang zu weniger Bekanntheit gebracht hat: die Fawn-Response, auf Deutsch Unterwerfungs-Reaktion bei und nach traumatischen Erfahrungen. Erinnere dich an den Fall Natascha Kampusch, die acht Jahre lang von ihrem Entführer in einem Keller eingesperrt worden ist. Ihr inneres System hat dafür gesorgt, dass sie sich dem Mann völlig unterwarf, und dadurch ihr Überleben sicherte. Im Extremfall geht People-Pleasing ins Stockholm-Syndrom über, ein psychologisches Phänomen, bei dem Opfer von Entführungen, Geiselnahmen oder Misshandlungen positive Gefühle, Empathie oder sogar Loyalität gegenüber ihren Tätern entwickeln.

People Pleasing als clevere Schutzstrategie

Doch kommen wir zurück zu People Pleasern allgemein, und möglicherweise zurück zu dir, solltest du dich in meinem Text wiedererkennen.

Es gibt hier zu lernen, dass dein Verhalten kein unveränderliches Charakter-Merkmal deiner Persönlichkeit ist, sondern eine clevere Schutzstrategie, die du eventuell schon dein ganzes Leben lang erfolgreich angewendet hast. Du hast eventuell nie ausprobiert, dich mit deinen Gefühlen und Bedürfnissen zu beschäftigen, sie zu erkennen, zu äußern, für dich einzustehen und für angenehme Gefühle durch erfüllte Bedürfnisse zu sorgen. Denn das war gefährlich. Das Gehirn stellt von früh bis spät als allererstes die Frage nach der eigenen Sicherheit: Werden wir (das Gehirn und sein Träger) es überleben? Und dafür tut es alles – sonst wäre die Menschheit längst ausgestorben!

Etwas, das man ständig tut, entwickelt sich in unserem Gehirn zu einem inneren Anteil. Das kannst du dir vorstellen wie ein größerer Haufen gut miteinander vernetzter Nervenzellen. Diese Nervenzellen sprechen gar nicht mehr mit anderen Zellhaufen, die machen einfach ihr Ding. Daher kommt dieses Autopilot-Gefühl, nicht anders zu können. Du wirst dann zum chronischen People Pleaser.

Es kann auch sein, sogar bei einer schönen und sicheren Kindheit, dass du dieses Verhalten nur situativ zeigst, z.B. wenn du bei einer bestimmten Gruppe soooo gerne dazugehören möchtest, dass du alles für sie tun würdest, nur, um Teil der Gemeinschaft zu sein. Bei mir war das zum Beispiel auch mal so, über mehrere Jahrzehnte hinweg, und ich musste 40 Jahre alt werden, um es zu erkennen. Danach konnte ich das Muster sofort abstellen.

Es geht zunächst um Selbst-Bewusstsein, dann um Selbst-Erkenntnis, und natürlich um den Willen zur Selbst-Verantwortung, etwas an deiner Situation zu verändern. Heute bist du erwachsen und nicht mehr das hilflose, ohnmächtige Kind von damals. Du musst ungesunde Verbindungen nicht länger aufrechterhalten, um zu überleben.

Viele Leute denken dann, dass sie ja erst Selbst-Sicherheit erlangen müssten, um dieser Verantwortung und Veränderung nachzukommen. Leider wird da umgekehrt ein Schuh draus: Der Autopilot im Gehirn lässt sich nicht allein durch das Lesen von Texten abschalten. Unser Gehirn ist für natürliches Erfahrungslernen geschaffen. Das heißt, du musst da rausgehen und neue Erfahrungen machen, die die alten Muster langsam aber sicher überschreiben. So entsteht die neue Sicherheit in dir drin. Gerne begleite ich dich auf diesem Weg, wenn du sonst niemanden hast und ihn nicht alleine gehen willst.

People Pleasing als Identität

Das Muster des People Pleasings wird häufig so stark verinnerlicht, dass es zur Identität wird. Die ständige Suche nach Harmonie und Bestätigung verdeckt oft die Frage: Wer bin ich wirklich, wenn ich nicht ständig gebe?

Wie du aus dem Muster ausbrichst

  1. Selbstreflexion: Erkenne, dass „People Pleasing“ eine Schutzstrategie ist – keine unveränderliche Eigenschaft. Wenn du lernst, deine Verhaltensmuster zu erkennen und durch gesündere Strategien zu ersetzen, kannst du in Kontakt mit deinem wahren Wesen kommen.
  2. Grenzen setzen: Lerne, „Nein“ zu sagen, Grenzen zu setzen und Konsequenzen durchzuziehen
  3. Selbstfürsorge: Nimm eigene Bedürfnisse wahr und stelle dich auch öfter an die erste Stelle – nein, das ist kein böser Egoismus!
  4. Erkenne toxische Dynamiken: Ein Bewusstsein für Beziehungsmuster kann dir helfen, dich zu distanzieren. Wenn du z.B. einen Freund hast, der weit entfernt lebt, und du fährst immer zu ihm und er nie zu dir – das wäre eine Situation, die ich überdenken würde!
  5. Gesunde Beziehungen pflegen: Lasse nur Menschen näher an dich ran, die dich respektvoll behandeln, die dir gut tun und die den Ausgleich von Geben und Nehmen beachten.
  6. Unterstützung holen: Traumasensibles Coaching und entsprechende Begleitung kannst du bei einem Coach wie mir oder bei einem Traumatherapeuten bekommen

Das kannst du jetzt tun:

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